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Die Kaufkraft wäre wieder vorhanden: Weniger Konsumzurückhaltung könnte 2025 dritten BIP-Rückgang in Folge doch noch verhindern

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UniCredit Bank Austria Analyse

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„Die Kaufkrafteinbußen durch den Inflationsschock der vergangenen Jahre konnten in Österreich durch hohe Lohnsteigerungen mittlerweile weitgehend ausgeglichen werden. Im Verlauf des Jahres 2025 werden steigende Tariflöhne trotz der Inflation der letzten Jahre insgesamt dafür sorgen, dass im Durchschnitt die reale Kaufkraft sogar höher als im Jahr 2020 vor dem Einsetzen der Teuerungswelle sein wird“, meint UniCredit Bank Austria Chefökonom Stefan Bruckbauer und ergänzt: „Angesichts der hohen Verunsicherung der Konsumenten durch die herausfordernden wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sowie der deutlich höher gefühlten Inflation haben die österreichischen Verbraucher dies jedoch noch nicht wahrgenommen und üben sich in Konsumzurückhaltung. Ein offensiveres Konsumverhalten hätte 2024 ein zweites Rezessionsjahr in Folge verhindern können und wäre auch ganz entscheidend für eine Verbesserung der österreichischen Wirtschaft im Jahr 2025, um ein weiteres Jahr mit einem BIP-Rückgang doch noch zu verhindern.“

 

Kaufkraftverluste durch Inflationsschock 2025 ausgeglichen
Als Folge des russischen Angriffs auf die Ukraine haben vor allem Energiepreisanstiege die Teuerung in den vergangenen Jahren stark befeuert. Der starke Anstieg der Inflation führte zu massiven Reallohnverlusten in Österreich, da die Nominallohnanhebungen zum Ausgleich der Preissteigerungen erst zeitversetzt erfolgten. Im Oktober 2022 lag der Reallohn gemessen an der Entwicklung der Tariflöhne und den Verbraucherpreisen nur noch bei 91 Prozent des Jahresdurchschnitts 2020. Ab Herbst 2022 verringerten sich die realen Lohneinbußen schrittweise mit der sich verlangsamenden Inflation. Bis zum Einsetzen der Trendumkehr Mitte 2023, waren die Tariflöhne 28 Monate in Folge geringer als die Inflation gestiegen.

 

„Seit Juli 2023 steigen die Tariflöhne stärker als die Inflation, somit gibt es mittlerweile seit 21 Monaten kontinuierlich Reallohnzuwächse. In diesem Zeitraum haben die Zuwächse nunmehr die vorherigen Einbußen beinahe ausgeglichen. Die reale Kaufkraft in Österreich erreicht seit dem Jahreswechsel 2024/25 weitgehend wieder das Niveau des Jahres 2020. Im Jahresverlauf 2025 erwarten wir einen Rückgang der Inflation auf durchschnittlich 2,5 Prozent. Angesichts eines erwarteten Anstiegs der Tariflöhne um durchschnittlich 3,9 Prozent wird sich 2025 der Anstieg der realen Kaufkraft fortsetzen und das Niveau, das vor dem Beginn des Inflationsschocks vorlag, sogar übertreffen“, meint UniCredit Bank Austria Ökonom Walter Pudschedl.

 

Kaufkraftentwicklung der Beschäftigten branchenabhängig
Die Entwicklung der Tariflöhne in den einzelnen Wirtschaftssektoren weicht aufgrund unterschiedlicher Ergebnisse in den Lohnverhandlungen zwischen den Sozialpartnern vom Durchschnittswert ab. Darüber hinaus ist der Kaufkraftvergleich durch den unterschiedlichen Zeitpunkt der jeweiligen tourlichen Lohnanhebungen stark beeinflusst. Die Momentaufnahme zum Ende des ersten Quartals 2025 weist somit gewisse Verzerrungen auf.

 

„In insgesamt sechs Sparten haben die Bediensteten bereits reale Kaufkraftgewinne erzielt, dazu zählen unter anderem die Energieversorgung, die öffentliche Verwaltung und die sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen. Hier haben vor allem die Bediensteten in der Gebäudebetreuung, den Sicherheitsdiensten und Leiharbeiter bis zum aktuellen Zeitpunkt Kaufkraftzuwächse erreicht“, meint Pudschedl und ergänzt: „In der Mehrzahl der Wirtschaftssektoren hinken die Lohnanhebungen der Inflation kumuliert seit 2020 allerdings noch hinterher. Insbesondere im Finanzdienstleistungssektor, der Kunst, Unterhaltung und Erholung sowie dem Gesundheits- und Sozialwesen haben die Bediensteten bisher noch keine vollständige Kompensation der Inflation erhalten. Auch in der Herstellung von Waren haben die Bediensteten aktuell noch Kaufkrafteinbußen.“ So liegt der Anstieg der Tariflöhne in der KFZ-Herstellung, im Maschinenbau und der Metallverarbeitung noch um mehr als zwei Prozentpunkte unter jenem der allgemeinen Verbraucherpreise.“

 

Reale Kaufkraft der Pensionen hinkt hinterher
Im Verlauf des Jahres 2025 wird der Anstieg der Tariflöhne dafür sorgen, dass im Durchschnitt sowie voraussichtlich in fast allen ÖNACE-Hauptgruppen die reale Kaufkraft des Jahres 2020 wieder vollständig erreicht werden wird. Dagegen wird die Anhebung der Pensionen seit dem Beginn des Inflationsschocks noch unter dem Ausmaß der Teuerung bleiben. Allerdings ist der Rückstand gegenüber dem realen Kaufkraftniveau von 2020 mit 0,9 Prozentpunkten gering. Zudem erfolgte aufgrund der Beschlüsse des Nationalrats die Anhebung der Pensionen in einigen Jahren nicht ausschließlich entsprechend dem errechneten Anpassungsfaktor. Durch Direktzahlungen und eine stärkere Anhebung wurden kleine und mittlere Pensionen meist begünstigt, so dass bei diesen Pensionen der Anstieg der allgemeinen Verbraucherpreise überkompensiert wurde. Dagegen ist durch diverse Deckelungen bei den Anhebungen der Kaufkraftverlust für die Bezieher von höheren Pensionen überdurchschnittlich größer.

 

„Gefühlte“ Inflation höher
„Während der Kaufkraftverlust durch den Inflationsschock mittlerweile weitgehend durch Lohnzuwächse ausgeglichen wurde, ist die entsprechende Wahrnehmung in der österreichischen Bevölkerung eine andere. Dies liegt im Wesentlichen an der deutlich höher empfundenen Inflation, der sogenannten ‚gefühlten‘ Inflation, die mittels des Mini- und Mikrowarenkorbs der Statistik Austria eingeschätzt werden kann“, meint Pudschedl und ergänzt: „Sowohl gemessen am Mini- als auch am Mikrowarenkorb liegt die reale Kaufkraft des durchschnittlichen Tariflohns Ende des ersten Quartals 2025 um ca. sechs Prozentpunkte niedriger als im Ausgangsjahr 2020, ein deutlicher Unterschied zur allgemeinen Verbraucherpreisentwicklung.“

 

Der Miniwarenkorb repräsentiert die 60 wichtigsten Artikel eines durchschnittlichen wöchentlichen Einkaufs. Der Mikrowarenkorb reflektiert das Inflationsempfinden besser durch die Messung von nur ca. 20 Waren des täglichen Bedarfs, die am häufigsten gekauft werden.

 

Hohe gefühlte Inflation bremst Konsum und Wirtschaftsdynamik
Als Folge der immer noch wahrgenommenen Kaufkraftverluste leidet die Dynamik des Konsums in Österreich spürbar. 2023 sank der private Konsum real um 0,5 Prozent. 2024 stagnierte der Konsum. Während die Schwäche des Konsums 2023 noch durch die verringerte reale Kaufkraft infolge des Inflationsschocks erklärbar war, gilt dieses Argument nicht mehr für die Entwicklung im Jahr 2024. Das verfügbare Einkommen stieg 2024 um real 3,5 Prozent. Das zusätzliche Einkommen wurde jedoch gespart und nicht dem Konsum zugeführt. Die Sparquote stieg auf 11,7 Prozent. Über 33,7 Mrd. Euro wurden von den heimischen Haushalten 2024 zur Seite gelegt.

 

„Von 2010 bis inklusive 2023 betrug die durchschnittliche Sparquote in Österreich 8,7 Prozent. Hätten die österreichischen Haushalte 2024 ihr Sparvolumen auf diesem durchschnittlichen Niveau gehalten, wäre also auch 2024 die Sparquote bei 8,7 Prozent gelegen, dann wären insgesamt rund 10 Mrd. Euro mehr in den privaten Konsum geflossen. Diese zusätzlichen Mittel hätten statt einer Stagnation zu einem Anstieg des privaten Konsums um real fast 3,5 Prozent geführt und damit einen zusätzlichen Wachstumseffekt für die Gesamtwirtschaft ausgelöst, sodass das BIP nicht um 1,2 Prozent gesunken, sondern um 0,5 Prozent gestiegen wäre“, meint Pudschedl.

 

Ein offensiveres Konsumverhalten hätte somit 2024 ein zweites Rezessionsjahr in Folge verhindern können und wäre auch ein ganz entscheidender Beitrag für eine Stabilisierung bzw. Verbesserung der österreichischen Konjunktur 2025, um ein weiteres Jahr mit einem BIP-Rückgang doch noch zu vermeiden.

 

„Es liegt in der Hand der heimischen Konsumenten, den Wirtschaftsmotor anzukurbeln, nachdem durch die US-Zollpolitik und die schwierige Wettbewerbssituation der heimischen Industrie der Außenhandel vorerst wohl keine positiven Akzente setzen wird“, meint Bruckbauer abschließend.

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