Das Konjunkturbarometer des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) ist im November um knapp zwei auf nun 83,7 Punkte gesunken. Damit entfernt sich der Barometerwert wieder etwas weiter von der neutralen 100-Punkte-Marke, die ein durchschnittliches Wachstum der deutschen Wirtschaft anzeigt. Ein Ende der Stagnation rückt in immer weitere Ferne. Nachdem die Wirtschaftsleistung im vergangenen Vierteljahr nur ganz leicht um 0,1 Prozent gestiegen ist, deutet sich für das laufende Quartal zumindest keine Beschleunigung an. „Die deutsche Wirtschaft verharrt im Tief“, sagt DIW-Konjunkturchefin Geraldine Dany-Knedlik. „Und die Unsicherheiten haben jüngst sowohl innen- als auch außenpolitisch noch erheblich zugenommen.“ So ist die Handlungsfähigkeit der aktuellen rot-grünen Minderheitsregierung stark eingeschränkt. Die Ergebnisse der vorgezogenen Bundestagswahlen könnten die Fragmentierung der Parteienlandschaft verstärken und erneut zu einer Koalition führen, in der Parteien mit sehr unterschiedlichen Positionen mühsam zusammenfinden müssten, so Dany-Knedlik. International sorgt die Wahl von Donald Trump zum neuen US-Präsidenten für Nervosität. Insbesondere die künftige Handelspolitik der Vereinigten Staaten ist bisher kaum abschätzbar – im schlimmsten Fall drohen deutliche Zollerhöhungen für Importe aus der EU.
Vor allem die deutsche Industrie ist von der gegenwärtigen Wirtschaftsschwäche gezeichnet. In wichtigen Absatzmärkten wie dem Euroraum oder China entwickelt sich die Konjunktur nach wie vor holprig. Die Produktionserwartungen der Unternehmen im Verarbeitenden Gewerbe sind zwar im November etwas gestiegen, bleiben aber gedämpft. Das Geschäftsklima hat sich derweil verdüstert. Zwar haben die Auftragseingänge zuletzt etwas zugelegt, insgesamt bleibt die Nachfrage aber gering und Neubestellungen sind nach wie vor von Großaufträgen bestimmt. „Für die deutsche Industrie sind die aktuell immer weiter zunehmenden Unsicherheiten Gift“, sagt Laura Pagenhardt, DIW-Konjunkturexpertin. „Sie bremsen die Investitionsbereitschaft mehr und mehr aus.“ Lässt man die Corona-Lockdowns einmal außen vor, ist die Kapazitätsauslastung zuletzt auf den niedrigsten Wert seit der Finanzkrise gefallen.
Auch bei den Dienstleistungen bleibt die Lage schwierig. Immerhin sind die Umsätze im Einzelhandel zuletzt gestiegen und die Inflation scheint niedrig zu bleiben. Das Preisniveau für viele wichtige Alltagsprodukte hat sich aber wohl dauerhaft erhöht. Angesichts der Verunsicherung sparen die privaten Haushalte wieder mehr. Auch der Arbeitsmarkt beugt sich zunehmend der konjunkturellen Schwächephase. Zwar ist die Arbeitslosigkeit dank des strukturellen Fachkräftemangels noch niedrig, der Beschäftigungsaufbau ist zuletzt allerdings fast vollständig zum Erliegen gekommen. Vor allem in der schwächelnden Industrie werden vermehrt Stellen abgebaut. „Die deutsche Wirtschaft befindet sich in einer schwierigen Lage, bei der sich die konjunkturelle Schwäche und strukturelle Probleme gegenseitig zu verstärken drohen“, resümiert Konjunkturexperte Guido Baldi. „Der um sich greifende Pessimismus kann nur überwunden werden, wenn sich die innenpolitische Lage schnell beruhigt und mehr in die Zukunft investiert wird.“
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