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„Gemeinsam Zukunft gestalten“

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Doppelinterview mit Hans Dieter Pötsch, Präsident, und Thomas Gindele, Geschäftsführer der Deutschen Handelskammer in Österreich (DHK), über Wirtschaft, Wandel und die Bedeutung von Partnerschaft.

DHK Hauptgeschäftsführer Gindele und Präsident Pötsch stehen im dunklen Anzug vor der DHK Imagewand
(c) DHK/Günther Peroutka

Herr Pötsch, Herr Gindele – 2025 feiert die Deutsche Handelskammer in Österreich ihr 70-jähriges Bestehen. Was bedeutet dieses Jubiläum in einer wirtschaftlich herausfordernden Zeit?

 

Hans Dieter Pötsch: Es ist ein Moment des Innehaltens – und ein Bekenntnis zur Kontinuität. In sieben Jahrzehnten hat sich die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Österreich zu einem stabilen Fundament entwickelt, das in Europa seinesgleichen sucht. Nun gilt es, unsere Wirtschaft auf dieser Basis in herausfordernden Zeiten weiterzuentwickeln. Dafür sind grundlegende Reformen nötig.

 

Thomas Gindele: Die partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Österreich ist aktueller denn je. Wirtschaftliche Stabilität und Innovationskraft müssen neu austariert werden. Unsere Aufgabe als Kammer ist es, die Brücke zwischen beiden Volkswirtschaften zu festigen.

 

Herr Gindele, wie schätzen Sie die aktuelle Wirtschaftslage ein – sowohl in Deutschland als auch in Österreich?

 

Gindele: In beiden Ländern besteht der Druck, die Rahmenbedingungen deutlich zu verbessern. Deutschland, nach den USA und China die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt, braucht nach Jahren der Stagnation neuen Schwung. Die Bundesregierung hat erkannt, dass Investitionen, Steuersenkungen und Deregulierung nötig sind. Auch Österreich braucht Reformen, die Arbeit, Innovation und Unternehmertum erleichtern. Da wie dort sind Maßnahmen, die den Standort stärken, nötig.

 

Viele österreichische Unternehmen hoffen auf Impulse aus Deutschland. Ist das berechtigt?

 

Gindele: Die Hoffnung ist verständlich, aber sie darf kein Ersatz für eigene Maßnahmen sein. Die österreichische Wirtschaft ist eng mit der deutschen verflochten – gerade im industriellen Zulieferbereich. Wenn Deutschland wächst, profitiert Österreich. Aber nachhaltiger Aufschwung entsteht nur, wenn beide Länder an ihren Standortfaktoren arbeiten: Energiepreise, Bürokratieabbau, Arbeitskosten.

 

Herr Pötsch, Sie sprechen oft von der „strategischen Partnerschaft“ zwischen beiden Ländern. Was macht sie so besonders?

 

Pötsch: Es ist die Kombination aus kultureller Nähe, industrieller Stärke und gegenseitigem Vertrauen. Viele der erfolgreichsten Kooperationen Europas beruhen auf dieser deutsch-österreichischen Verbindung. Gerade jetzt, wo globale Unsicherheiten und geopolitische Spannungen zunehmen, brauchen wir diese verlässlichen Partnerschaften.

 

Wie sehen Sie Europas Rolle in dieser neuen Weltordnung?

 

Pötsch: Europa steht an einem Wendepunkt. Die internationale Ordnung verändert sich, Protektionismus nimmt zu. Wir müssen uns entscheiden: Wollen wir ein Kontinent der Innovationen bleiben oder zum Absatzmarkt fremder Technologien werden? Das erfordert eine klare Industriepolitik – mit Fokus auf Nachhaltigkeit, Energie und Digitalisierung.

 

Digitalisierung, Energiewende, Fachkräftemangel – wo liegt aus Sicht der Unternehmen der größte Handlungsbedarf?

 

Gindele: In der Geschwindigkeit. Wir diskutieren zu lange, bevor wir handeln. Die Wirtschaft braucht Verlässlichkeit und weniger Regulierung, um in Zukunftsfelder zu investieren. Besonders im Energiesektor fehlt Wettbewerbsfähigkeit. Dauerhafte Subventionen können keine Lösung sein – wir brauchen marktfähige Energiepreise und eine effizientere Verwaltung.

 

Sie sprechen die Bürokratie an – warum tun sich beide Länder damit so schwer?

 

Gindele: Weil Bürokratie oft als Ausdruck von Sicherheit verstanden wird. Entbürokratisierung heißt, Verantwortung zuzulassen – und auch einmal ein gewisses Risiko. Damit tun wir uns in Mitteleuropa schwer. Aber ohne diesen Schritt wird der Umbau zur modernen, innovationsfreundlichen Wirtschaft kaum gelingen.

 

Herr Pötsch, die DHK ist seit 70 Jahren ein verlässlicher Partner für Unternehmen. Wie bleibt sie in einer Zeit des Umbruchs relevant?

 

Pötsch: Indem wir uns selbst weiterentwickeln. Die DHK ist mehr als ein Netzwerk – sie ist Plattform, Impulsgeberin und Brückenbauerin. Wir begleiten Unternehmen beim Markteintritt, beraten in Rechts- und Steuerfragen, vermitteln Kontakte in Wirtschaft und Politik. Und wir fördern den Dialog, der Vertrauen schafft. So bringen wir bei unseren Veranstaltungen, wie etwa dem jährlichen „Deutsch-Österreichischen Technologieforum“ oder der „DHK Matinee“ in Salzburg, Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Politik und Kultur zusammen, die gestalten wollen.

 

Herr Gindele, was können Unternehmen jetzt konkret tun, um gestärkt aus dieser Phase hervorzugehen?

 

Gindele: Unternehmen müssen agiler werden und Chancen im Wandel erkennen – etwa in der Digitalisierung oder neuen Märkten. Gleichzeitig braucht es mehr Offenheit für Fachkräftezuwanderung und flexiblere Arbeitsmodelle. Und: Kooperationen gewinnen an Bedeutung. Insbesondere KMU profitieren, wenn sie grenzüberschreitend zusammenarbeiten.

 

Zum Abschluss: Wo sehen Sie die deutsch-österreichische Wirtschaft in zehn Jahren?

 

Pötsch: Ich wünsche mir ein Europa, das seine Stärken wieder selbstbewusst nutzt – mit einer Industrie, die Innovation und Nachhaltigkeit vereint. Deutschland und Österreich können zeigen, dass wirtschaftliche Vernunft und gesellschaftliche Verantwortung Hand in Hand gehen.

Gindele: Und eine DHK, die weiterhin Brücken baut – zwischen Menschen, Unternehmen und Ideen. Denn eines bleibt: Gemeinsam schaffen wir mehr als allein.

 

Das Interview erschien am 22. Oktober 2025 in der Tageszeitung "Die Presse" als Teil einer Sonderbeilage anlässlich der Eröffnung der Neuen Deutschen Botschaft in Wien.

„Europa steht an einem Wendepunkt. Die internationale Ordnung verändert sich.“

Hans Dieter Pötsch | DHK Präsident

„Wir brauchen marktfähige Energiepreise und eine effizientere Verwaltung.“

Thomas Gindele | DHK Hauptgeschäftsführer

Der gebürtige Oberösterreicher Hans Dieter Pötsch ist Aufsichtsratsvorsitzender der Volkswagen AG und Vorstandsvorsitzender der Porsche Automobil Holding SE. Seit Oktober 2019 ist Pötsch Präsident der Deutschen Handelskammer in Österreich (DHK).

 

Thomas Gindele ist seit 2005 Hauptgeschäftsführer der Deutschen Handelskammer in Österreich (DHK). Die DHK mit Sitz in Wien vertritt rund 1.400 Mitgliedsunternehmen und versteht sich als zentrale Plattform für die deutsche und österreichische Wirtschaft.

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