- Zumindest keine weitere Verschlechterung der Konjunktur: Der UniCredit Bank Austria Konjunkturindikator stieg im Dezember leicht auf minus 3,8 Punkte
- Die österreichische Wirtschaft könnte zu Jahresbeginn 2024 die Rezession überwinden, doch die Erholung wird vor dem Sommer kaum in Schwung kommen
- Das Wirtschaftswachstum wird 2024 mit 0,3 Prozent und 2025 mit 1,5 Prozent unter Potenzial bleiben
- Späte Zinssenkungen ab Mitte 2024 erhöhen Konjunkturrisiken
- Rückgang der Inflation in Österreich in Richtung 3 Prozent zum Jahresende 2024, doch die deutlich höhere Inflation gegenüber dem Euroraum wird bestehen bleiben
- Die Belastungen für den Arbeitsmarkt nehmen in den kommenden Monaten noch zu: Die Arbeitslosenquote wird 2024 auf 6,7 Prozent steigen
Die Rezession der österreichischen Wirtschaft konnte vor dem Jahreswechsel 2023/24 nicht überwunden werden. „Die Lage in der heimischen Wirtschaft ist weiter angespannt, aber vereinzelt zeigen sich zumindest konjunkturelle Lichtblicke. Der UniCredit Bank Austria Konjunkturindikator stieg im Dezember auf minus 3,8 Punkte und signalisiert damit zumindest keine weitere Verschlechterung der Konjunktur in Österreich“, meint UniCredit Bank Austria Chefökonom Stefan Bruckbauer. Trotz der leichten Verbesserung gegen Jahresende blieb der UniCredit Bank Austria Konjunkturindikator im Schlussquartal mit durchschnittlich minus 4,2 Punkten unverändert gegenüber dem dritten Quartal. „Die österreichische Wirtschaftsleistung wird gegen Ende 2023 nochmals nachgelassen haben und war damit das dritte Quartal in Folge rückläufig. Allerdings gehen wir davon aus, dass der Rückgang angesichts der Verbesserung der Konjunkturstimmung zum Jahresende hin geringer ausfiel als in den Vorperioden. Damit könnte der BIP-Rückgang im Gesamtjahr 2023 etwas über unserer Schätzung von 0,5 Prozent liegen“, meint Bruckbauer.
Konjunkturstimmung in Österreich schlechter als im Euroraumdurchschnitt
Maßgeblich für die Verbesserung des UniCredit Bank Austria Konjunkturindikators zum Jahreswechsel war die spürbare Aufhellung der Stimmung im Dienstleistungssektor, unterstützt durch die weniger pessimistische Grundstimmung der Konsumenten als Folge der verlangsamten Inflation und hoher Lohnabschlüsse. Insbesondere konsumnahe Dienstleistungen im Freizeit- und Tourismusbereich profitieren von einer weiterhin soliden Nachfrage während viele unternehmensnahe Dienstleistungen die Konjunkturflaute im Produktionssektor weiter stark spüren.
„Neben der Aufhellung im Dienstleistungssektor hat auch die Verbesserung in der Bauwirtschaft die Konjunkturstimmung in Österreich nach oben gezogen. Der negative Trend durch die Energiekrise und die folgenden Preissteigerungen weicht langsam der Erwartung positiver Einkommenseffekte und sinkender Zinsen. Allerdings belastet nach wie vor die Schwäche in der Industrie, die sich zum Jahresende sogar noch etwas vertieft hat. Das neuerlich verbesserte Exportumfeld wirkt sich jedoch bereits positiv auf die Produktionserwartungen der heimischen Betriebe aus“, meint UniCredit Bank Austria Ökonom Walter Pudschedl.
Trotz der jüngsten Verbesserung ist die Konjunkturstimmung in Österreich in allen Wirtschaftsbereichen im pessimistischen Bereich, besonders stark in der heimischen Industrie. In der Bauwirtschaft wird mittlerweile der langjährige Durchschnittswert jedoch leicht übertroffen. Im Vergleich zu unseren europäischen Partnerländern ist die Konjunkturstimmung jedoch in allen Wirtschaftsbereichen deutlich schlechter. In der Industrie zeigt sich dabei der größte Stimmungsunterschied, in der Bauwirtschaft der geringste.
Erholung mit Verzögerung und niedrigem Tempo
Ungeachtet der leichten Aufhellung der Konjunkturstimmung startet die österreichische Wirtschaft unter schwierigen Rahmenbedingungen ins Jahr 2024. Die Reallohneinbußen sowie Vermögensverluste infolge der hohen Inflation des Vorjahres hemmen noch die Konsumfreude. Die Auswirkungen der Verschärfung der Geldpolitik auf die Investitionstätigkeit sind stark spürbar, was insbesondere dem heimischen Produktionssektor zusetzt. Zudem fehlen die Impulse aus der globalen Wirtschaft. Allerdings weisen erste Frühindikatoren auf eine leichte Belebung des weltweiten Handels hin, was dem österreichischen Exportgeschäft schrittweis mehr Schwung verleihen dürfte. Zudem sollte der bereits eingesetzte Anstieg der Reallöhne in den kommenden Monaten den Konsum immer mehr stärken. Ab Mitte des Jahres sollte auch der Rückgang der Zinsen die Konjunktur unterstützen, speziell die Investitionstätigkeit.
„Aufgrund der anhaltend schwierigen Rahmenbedingungen erwarten wir in den kommenden Monaten eine weiterhin sehr träge Wirtschaftsentwicklung in Österreich. Zwar ist mit Beginn des Jahres vom Ende der Rezession auszugehen, doch die leichte Verbesserung der Konjunkturstimmung lässt bislang keine Erholung erwarten, die diesen Namen wirklich verdient“, meint Pudschedl und ergänzt: „Erst ab der zweiten Jahreshälfte sollte, gestützt auf einer Belebung des Konsums und des Welthandels, eine grundlegende wirtschaftliche Erholung einsetzen. Mit höherer Dynamik ab dem Spätsommer ist für 2024 dennoch nur ein Wirtschaftswachstum von deutlich unter einem Prozent in Sicht.
Der weitere Erholungsverlauf wird in Folge von dem Ausgabeverhalten der Haushalte bzw. der Investitionsbereitschaft der Unternehmen als Reaktion auf die sich voraussichtlich schrittweise verbessernden Rahmenbedingungen geprägt sein. „Die Entwicklung des Konsums und der Investitionen sind die für das Erholungstempo entscheidenden Parameter. Wir sind vorsichtig optimistisch und erwarten eine Verstärkung des Wirtschaftswachstums 2025 auf rund 1,5 Prozent“, so Pudschedl. Damit wird die österreichische Wirtschaft jedoch weiterhin ihr Potenzial nicht ganz ausschöpfen können.
Fortsetzung des restriktiven geldpolitischen Kurses?
Neben dem Verhalten der Konsument:innen und der Unternehmen stellt nach Einschätzung der Ökonomen der UniCredit Bank Austria auch die zu erwartende Geldpolitik ein nicht zu unterschätzendes Risiko für das tatsächliche Tempo der Erholung dar.
„Angesichts der schwachen Konjunktur und des deutlichen Rückgangs der Inflation im Euroraum wird die Europäische Zentralbank im Jahr 2024 einen Zinssenkungszyklus starten. Aufgrund der bisherigen Aussagen der Mitglieder des EZB-Rats ist von einer ersten Lockerung der Geldpolitik jedoch erst im Juni 2024 und einer eher vorsichtigen Annäherung an das neutrale Zinsniveau auszugehen. Bis Ende 2024 dürften die Leitzinsen um 75 Basispunkte und 2025 um weitere 100 Basispunkte gesenkt werden, so dass sich der Refinanzierungssatz von aktuell 4,50 Prozent schrittweise auf 2,75 Prozent bis Ende 2025 verringern sollte“, meint Bruckbauer und ergänzt: „Damit besteht jedoch die Gefahr eines zu späten Beginns der Zinssenkungen, der sich speziell als Hemmschuh für Investitionen erweisen könnte. Die EZB scheint vorerst einen tendenziell restriktiven und damit kaum die Konjunktur unterstützenden geldpolitischen Kurs fortsetzen zu wollen.“
Inflationsrückgang kommt weiter voran, aber langsamer
Für eine frühere Lockerung der Geldpolitik sprechen jedenfalls die Fortschritte bei der Reduktion der Inflation. Trotz temporärer Rückschläge lag die Inflation im Euroraum zum Jahreswechsel 2023/24 bereits unter 3 Prozent im Jahresvergleich. Nach durchschnittlich 5,4 Prozent im Jahr 2023 sollte sich die Teuerung auf 2,3 Prozent im Jahresdurchschnitt 2024 verringern und dabei gegen Ende des laufenden Jahres bereits beim EZB-Ziel von 2 Prozent liegen.
Deutlich höher als im Euroraum wird die Inflation 2024 erneut in Österreich ausfallen. Allerdings wird sich der Rückgang der Teuerung fortsetzen, wenn auch nur relativ langsam. Die im Vergleich zu den meisten Euroländern stärkeren Energiepreisanstiege lösen weiterhin höhere Folgeeffekte aus, z. B. durch indexierte Mieten. „Trotz eines spürbaren Anstiegs vieler Dienstleistungspreise als Folge stark gestiegener Sach- und Personalkosten erwarten wir eine Verlangsamung der Inflation in Österreich. Für unsere Prognose von 3,6 Prozent im Jahresdurchschnitt 2024 und 2,3 Prozent 2025 bestehen jedoch mittlerweile deutliche Risiken nach oben“, so Pudschedl.
Arbeitslosigkeit steigt vorerst noch weiter
Die Lage auf dem Arbeitsmarkt dürfte sich trotz der Aussicht auf eine beginnende Erholung der Konjunktur vorerst noch weiter verschlechtern.
„Wir erwarten für 2024 einen Anstieg der Arbeitslosenquote auf durchschnittlich 6,7 Prozent von 6,4 Prozent 2023. Erst ab dem Herbst sollte das stärkere Wirtschaftswachstum eine Verbesserung ermöglichen und die Arbeitslosenquote dürfte 2025 auf voraussichtlich 6,5 Prozent sinken“, meint Pudschedl. Die relativ rasche Trendumkehr ist durch die deutliche Enge am heimischen Arbeitsmarkt zu erklären. Bedingt durch demografische Effekte, wie dem Ausscheiden geburtenstarker Jahrgänge aus dem Arbeitsprozess, wird die Entwicklung der Beschäftigung und des angebotenen Arbeitszeitvolumens in Österreich kaum mit dem Bedarf schritthalten können.