- Der Rückgang des UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex im September auf 42,8 Punkte signalisiert eine Vertiefung der seit zwei Jahren anhaltenden Rezession in der heimischen Industrie
- Angesichts des beschleunigten Auftragsrückgangs schränkten die Industriebetriebe die Produktion im September mit noch höherem Tempo ein
- Der Herbstbeginn brachte den stärksten Jobabbau in der Industrie seit dem ersten Corona-Lockdown im April 2020
- Sehr vorsichtige Beschaffungspolitik: Deutliche Reduktion der Einkaufsmengen führt zu weiterer Verringerung der Lagerbestände
- Hohe Rabattierungen im Verkauf als Folge der schwachen Nachfrage belasteten Ertragslage der Betriebe
- Der Index der Produktionserwartungen binnen Jahresfrist sank im September auf 47,9 Punkte und fiel damit erstmals im laufenden Jahr deutlich in den pessimistischen Bereich
Die Industriekonjunktur trübte sich zu Beginn des Herbsts 2024 wieder stärker ein. „Der UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex sank auf 42,8 Punkte, den tiefsten Wert seit März dieses Jahres. Die Rezession in der heimischen Industrie geht damit bereits ins dritte Jahr“, meint UniCredit Bank Austria Chefökonom Stefan Bruckbauer und ergänzt: „Die österreichische Industrie leidet zum einen an den schwierigen internationalen Rahmenbedingungen, insbesondere der Schwäche der deutschen Industrie. Zum anderen belasten hausgemachte Probleme, wie der starke Kostenanstieg und somit die preisliche Wettbewerbsfähigkeit. Aktuell hat sich die Lage noch vielerorts durch Beeinträchtigungen infolge des Hochwassers verschärft.“
Alle Komponenten des UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex zeigten im September eine Beschleunigung des Abwärtstrends in der heimischen Industrie an. „Die Produktionsleistung wurde im September noch stärker als im Vormonat reduziert, da das Neugeschäft noch deutlicher zurückging. Folglich passten die Betriebe ihren Personalstand mit sehr hohem Tempo nach unten an. Ein besonders vorsichtiges Lagermanagement mit deutlich reduzierten Einkaufsmengen führte zu sinkenden Lagerbeständen. Während die Kosten sich stabilisierten, kam es nachfragebedingt erneut zu deutlichen Preisrückgängen im Verkauf“, fasst Bruckbauer die wichtigsten Ergebnisse der monatlichen Umfrage zusammen.
Beschleunigter Nachfragerückgang, insbesondere aus dem Ausland
Den größten Einfluss auf den Rückgang des Gesamtindex hatte die besonders starke Verringerung des Neugeschäfts. „Der Index für die Auftragseingänge sank um drei auf nur noch 41,5 Punkte. Das Tempo des Auftragsrückgangs in der heimischen Industrie war zuletzt vor einem halben Jahr so hoch. Dahinter stand im September vor allem eine Flaute im Exportgeschäft. Es mangelte zuletzt immer stärker an neuen Aufträgen, insbesondere aus dem wichtigsten Abnehmerland Deutschland, wo sich vor allem die KFZ-Industrie in größeren Schwierigkeiten befindet. Folglich haben die heimischen Industriebetriebe ihre Produktion deutlich reduziert“, meint UniCredit Bank Austria Ökonom Walter Pudschedl. Die Verringerung der Produktion erfolgte im September mit höherem Tempo als im Vormonat. Der Produktionsindex sank auf 43,2 Punkte, den niedrigsten Wert seit Jahresbeginn. Damit überstieg der Produktionsindex den Index für die Neuaufträge klar, ein weiters tendenziell eher ungünstiges Konjunktursignal für die heimische Industrie.
Noch mehr Jobs gingen verloren
Die Anpassung der Produktionskapazitäten an den deutlichen Nachfragerückgang schlug sich im September auch in einem starken Stellenabbau nieder. Der Beschäftigtenindex fiel auf 39,0 Punkte, den niedrigsten Wert seit dem ersten Corona-Lockdown im April 2020. „Der Stellenabbau in der österreichischen Industrie hat sich erneut beschleunigt. Zu Beginn des Herbsts waren in der Sachgütererzeugung um rund 11.000 Personen weniger beschäftigt als zu Jahresbeginn. Die saisonbereinigte Arbeitslosenquote stieg auf 4,0 Prozent, den höchsten Wert seit Sommer 2021“, meint Pudschedl. Damit ist die Arbeitslosenquote in der Industrie weiterhin deutlich niedriger als in der Gesamtwirtschaft mit 7,1 Prozent, allerdings war der Aufwärtstrend bisher stärker.
Da sich die Verschlechterung am Arbeitsmarkt voraussichtlich weiter fortsetzen wird, erwarten die Ökonomen der UniCredit Bank Austria eine Arbeitslosenquote im Sektor von 3,8 Prozent im Jahresdurchschnitt 2024, nach nur 3,2 Prozent im Vorjahr. Die Verschlechterung der Arbeitsmarktlage in der Industrie bestimmt damit maßgeblich auch die Aufwärtsentwicklung auf gesamtwirtschaftlicher Ebene. In der Gesamtwirtschaft dürfte die Arbeitslosenquote 2024 auf 7 Prozent steigen.
Fast stabile Kosten, aber stark sinkende Verkaufspreise
Der Kostendruck ließ in der österreichischen Industrie im September spürbar nach. Der Index der Einkaufspreise sank auf 50,2 Punkte. Die Verlangsamung des Kostenanstiegs war der nachlassenden Nachfrage nach Vormaterialien und der Verbilligung einiger Rohstoffe, unter anderem von Stahl oder Treibstoffen, zu verdanken. „Obwohl die Kosten im September erstmals seit drei Monaten kaum mehr anstiegen, dürfte sich die Ertragslage der heimischen Industriebetriebe im Durchschnitt weiter verschlechtert haben. Als Folge der schwachen Nachfrage mussten hohe Preisnachlässe im Verkauf gewährt werden“, meint Pudschedl. Der Index der Verkaufspreise sank auf 44,5 Punkte, den niedrigsten Wert seit fast einem Jahr.
Unsicherheit nimmt in der Beschaffungspolitik überhand
Aufgrund der schwachen Nachfrage agierten die österreichischen Industriebetriebe in der Beschaffung im September noch vorsichtiger als in den Vormonaten. Die eingekaufte Menge an Vormaterialien und Rohstoffen wurde so stark verringert wie noch nie im laufenden Jahr. Der Index für die Einkaufsmenge sank auf 35,8 Punkte. Folglich gingen die Vorräte in den Materiallagern stark zurück. „Die Bestände in den Fertigwarenlagern nahmen im September mit höherem Tempo als im Vormonat ab, so stark wie zuletzt nur im Sommer 2021. Was normalerweise als Indiz für eine starke Nachfrage zu werten wäre, ist in der aktuellen Situation jedoch genau als das Gegenteil zu verstehen“, meint Pudschedl und ergänzt: „Die heimischen Betriebe erwarten unmittelbar kein Anziehen der Nachfrage, die höhere Lagerbestände für die rasche Erfüllung von Kundenwünschen erfordern würde. Vielmehr wird immer stärker auf eine Minimierung der Lagerkosten abgestellt, um die Liquiditätsposition zu verbessern.“
Kein Ende der Rezession in Sicht
Der aktuelle UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex signalisiert eine erneute Verschärfung des Abschwungs der verarbeitenden Industrie in Österreich und hat die Hoffnung auf eine baldige Erholung zunichte gemacht. Zumal auch vom internationalen Umfeld keine positiven Impulse zu erwarten sind. „Sowohl in den USA als auch im Euroraum beschleunigte sich im September der Rückgang der Industrieproduktion. Die jeweiligen Einkaufsmanagerindizes sanken auf 47,0 bzw. 44,8 Punkte, jeweils die niedrigsten Werte des laufenden Jahres. Besonders deutlich wurde die Produktion in Deutschland und Frankreich zurückgefahren. Doch auch in den übrigen Ländern des Euroraums konnte die Industrie im September nicht mehr zulegen,“ so Pudschedl.
Alles deutet darauf hin, dass sich die Rezession in der heimischen Industrie festgesetzt hat. Das Verhältnis zwischen Neuaufträgen und den Beständen in den Auslieferungslagern macht klar, dass die eingehenden Aufträge unmittelbar mit den vorhandenen Beständen in den Fertigungslagern erfüllt werden können, ohne die Produktionskapazitäten ausweiten zu müssen. Darüber hinaus hat sich aber vor allem die mittelfristige Einschätzung der Unternehmen über die weitere Entwicklung klar verschlechtert. Erstmals seit Jahresbeginn sanken die Produktionserwartungen deutlich in den pessimistischen Bereich. Die österreichischen Industriebetriebe erwarten somit in den kommenden zwölf Monaten einen Rückgang der Produktion.
„Ein Ende der Rezession in der heimischen Industrie ist derzeit nicht in Sicht. Für 2024 erwarten wir einen deutlichen Produktionsrückgang von bis zu 3 Prozent real. Die Verbesserung der globalen Nachfrage und die geldpolitische Lockerung stützen die Hoffnung, dass die heimische Industrie im Verlauf des kommenden Jahres langsam wieder auf einen moderaten Wachstumspfad zurückfinden wird“, meint Bruckbauer und ergänzt: „Die Schwäche der Industrie greift zunehmend auf andere Wirtschaftssektoren, vor allem einige Dienstleistungsbranchen über und dämpft die Konjunkturaussichten für Österreich. Nach dem Rückgang des BIP um 0,8 Prozent im Jahr 2023 wird ein erneuter Rückgang im Jahr 2024 um rund 0,5 Prozent immer wahrscheinlicher und auch für 2025 verschlechtern sich die Wachstumsaussichten auf nur noch ca. 1 Prozent.“