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Rückschlag für Österreichs Industrie auf dem Weg zur Erholung

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UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex im Juni

Herstellende Firmen als Zahnrad
  • Aufwärtstrend unterbrochen: Der UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex sank im Juni auf 43,6 Punkte
  • Deutliche Zurücknahme der Produktion nach erneutem Auftragseinbruch, insbesondere aus dem Ausland
  • Die Nachfrageschwäche beschleunigte den Beschäftigungsabbau in den heimischen Industriebetrieben
  • Die Verringerung der Einkaufsmengen verursachte einen weiteren Abbau der Vormateriallager, Bestände in den Verkaufslagern nahmen verhaltener ab
  • Die schwache Nachfrage sorgte erneut für Preisnachlässe im Verkauf
  • Der erstmalige Anstieg der Einkaufspreise seit sechszehn Monaten führte tendenziell zu einer Verschlechterung der Ertragslage
  • Obwohl sich die kurzfristigen Konjunkturaussichten verschlechterten, stieg der Erwartungsindex für die Industrieproduktion für die nächsten zwölf Monate auf 57,8 Punkte, den höchsten Wert seit Anfang 2022

Die zuletzt positive Entwicklung in der österreichischen Industrie fand ein abruptes Ende. „Statt der erwarteten Fortsetzung des leichten Aufwärtstrends der vergangenen Monate sank der UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex im Juni deutlich auf 43,6 Punkte. Der Indikator hat sich damit noch weiter von der Marke von 50 Punkten entfernt, die Wachstum in der heimischen Industrie signalisiert“, meint UniCredit Bank Austria Chefökonom Stefan Bruckbauer und ergänzt: „Die ermutigenden Ergebnisse des Vormonats bestätigten sich leider nicht. Die Hoffnung auf eine Erholung in der Industrie hat sich zeitlich wieder ein Stück nach hinten verschoben, zumal auch im europäischen Umfeld die Stabilisierungstendenz in der Industrie einen Rückschlag erlitten hat.“

In der Eurozone sank der vorläufige Einkaufsmanagerindex für die verarbeitende Industrie auf 45,6 Punkte, den tiefsten Wert des laufenden Jahres. Eine sich vertiefende Nachfrageschwäche auf den Exportmärkten sorgte für deutliche Produktionsrückgänge sowohl in Deutschland als auch in Frankreich. „Trotz eines sich global verbessernden Wirtschaftsumfelds kommt die österreichische Industrie, belastet durch die Rückschläge in Europa, nicht in die Gänge“, meint Bruckbauer und fasst die Ergebnisse der monatlichen Umfrage unter den österreichischen Einkaufsmanagern der verarbeitenden Industrie wie folgt zusammen: „Die Auftragseingänge aus dem In- und Ausland nahmen im Juni massiv ab, die Produktionsleistung wurde deutlich zurückgefahren und die Reduktion des Personals beschleunigt vorangetrieben. Ein vorsichtiges Lagermanagement führte zu geringeren Einkaufsmengen und in weiterer Folge zu sinkenden Lagerbeständen. Während die Nachfrageschwäche Preisnachlässe im Verkauf auslöste, nahmen die Kosten jedoch erstmals seit Anfang 2023 zu.“

Nachfragedämpfer zum Ende des zweiten Quartals
Der Rückschlag für die heimische Industrie im Juni zeigte sich besonders deutlich in der ungünstigen Entwicklung der Auftragseingänge. „Der Index für das Neugeschäft sank auf 44,7 Punkte. Zwar wurde damit der zweithöchste Wert der vergangenen eineinhalb Jahre erreicht, doch der Aufwärtstrend der letzten Monate kehrte sich um. Insbesondere die Nachfrage aus dem Ausland brach sehr stark ein. Die heimischen Betriebe reduzierten folglich die Produktion deutlich und zwar so stark wie zuletzt vor vier Monaten“, meint UniCredit Bank Austria Ökonom Walter Pudschedl.

Die Auftragsbestände in den heimischen Industriebetrieben nahmen im Juni ein weiteres Mal ab, zudem mit deutlich höherem Tempo als im Vormonat und mit höherem Tempo als die Produktion. „Durch die Aufarbeitung von Auftragsrückständen konnte die Industrie ein höheres Produktionsniveau halten, als es die Auftragslage eigentlich erlauben würde. Dadurch kam es im Juni auch zu einer weiteren Reduktion der Lieferzeiten. Trotz andauernder geopolitischer Krisen, wie dem Krieg in der Ukraine oder dem Nahost-Konflikt funktionieren die globalen Lieferketten – auch aufgrund der schwachen Nachfrage – derzeit reibungslos“, so Pudschedl.

Deutliche Jobverluste in der heimischen Industrie
Infolge der schwächelnden Nachfrage und der deutlichen Produktionseinschränkungen im Juni wurden die Personalkapazitäten in der österreichischen Industrie mit höherem Tempo als im Vormonat reduziert. Der Beschäftigungsindex sank auf 41,6 Punkte und signalisiert damit den stärksten Jobabbau seit dem Beginn der Corona-Lockdowns im Frühjahr 2020. Die Arbeitslosigkeit setzte damit den Aufwärtstrend der vergangenen Monate fort.

„Die Anzahl der Arbeitssuchenden ist im Juni auf mittlerweile über 25.000 gestiegen, was einer saisonbereinigten Arbeitslosenquote von 3,8 Prozent entspricht. Damit war die Arbeitslosenquote im Sektor zwar im Vergleich zur Gesamtwirtschaft mit einer Arbeitslosenquote von 6,8 Prozent niedrig, lag jedoch um deutliche 0,8 Prozentpunkte über den Tiefstwerten zu Jahresbeginn 2023“, meint Pudschedl. Im Jahresdurchschnitt 2024 ist mit einem Anstieg der Arbeitslosenquote in der heimischen Sachgütererzeugung auf 3,8 Prozent zu rechnen, nach nur 3,2 Prozent im Jahr 2023.

Lagerbestände sinken, Kosten nehmen zu
Aufgrund des stark sinkenden Neugeschäfts verringerten die heimischen Betriebe im Juni ihre Einkaufsmenge. Trotz der deutlichen Produktionskürzungen nahmen folglich auch die Bestände in den Vormateriallagern weiter ab. 

„Obwohl der Bedarf an Vormaterialien nachließ, stiegen erstmals seit Anfang 2023 die Kosten. Neben den Energiepreisen sorgten auch die gestiegenen Personalaufwendungen für eine höhere Kostendynamik als in der Eurozone und insbesondere auch in Deutschland, was die Sorge um die internationale Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Erzeuger gesteigert hat. Da gleichzeitig aufgrund der schwierigen Absatzlage im Verkauf Preisnachlässe gewährt werden mussten, verschlechterte sich im Durchschnitt die Ertragslage der heimischen Betriebe im Juni das zweite Mal in Folge“, so Pudschedl.

Beginn der Industrieerholung zumindest verzögert
Durch die Verschlechterung des UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex im Juni auf 43,6 Punkte in Kombination mit den Rückschlägen auch im Euroraum und insbesondere in Deutschland hat die Hoffnung auf eine andauernde Stabilisierung sowie bald einsetzende Erholung der Industriekonjunktur in Österreich einen massiven Dämpfer erlitten.

In der Regel sind die Auftragseingänge ein guter Indikator für die kurzfristige Konjunkturentwicklung. „Die deutliche Beschleunigung des Auftragsrückgangs gegenüber dem Vormonat könnte darauf hindeuten, dass eine Erholung der heimischen Industrie weiter entfernt sein könnte als ursprünglich erwartet“, meint Pudschedl und ergänzt: „Tatsächlich hat sich das Indexverhältnis des Neugeschäfts zu den Beständen in den Verkaufslagern im Juni deutlich verschlechtert und signalisiert, dass die schwache Auftragslage sogar eine weitere Einschränkung der Produktion in den kommenden Monaten erfordern würde.“

Nach Einschätzung der Ökonomen der UniCredit Bank Austria dürfte sich die Erholung der österreichischen Industrie erneut verzögern, aber nicht gänzlich ausfallen. Zumindest sahen die heimischen Betriebe die Geschäftsaussichten auf Jahressicht im Juni sogar gegenüber dem Vormonat verbessert. Der Erwartungsindex stieg auf überdurchschnittliche 57,8 Punkte, den höchsten Wert seit März 2022.

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