Das Konjunkturbarometer des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) ist im Juli deutlich gesunken und liegt nun bei 87,0 Punkten – ein Minus von fünfeinhalb Punkten im Vergleich zum Juni. Damit entfernt sich der Barometerwert wieder von der neutralen 100-Punkte-Marke, die ein durchschnittliches Wachstum der deutschen Wirtschaft anzeigt. „Nach dem leichten Rückgang der Wirtschaftsleistung im vergangenen Vierteljahr kommt die Konjunktur wohl auch im laufenden dritten Quartal noch nicht richtig in Schwung – obwohl die Inflationsraten rückläufig sind und vielerorts Tariflohnsteigerungen vereinbart wurden“, sagt Geraldine Dany-Knedlik, Leiterin des Bereichs Prognose und Konjunkturpolitik im DIW Berlin. „Dass viele Verbraucher*innen mittlerweile real wieder mehr Geld zur Verfügung haben, dürfte den privaten Konsum fortan aber beleben und in der zweiten Jahreshälfte eine etwas stärkere konjunkturelle Dynamik in Gang bringen“, so Dany-Knedlik.
Derzeit macht sich neben schwachen Ausrüstungs- und Bauinvestitionen auch die gedämpfte Entwicklung der Weltwirtschaft bemerkbar – dies lastet auf der Nachfrage nach Produkten „Made in Germany“. Die chinesische Wirtschaft expandiert weniger kräftig als früher und auch in der Europäischen Union ist die Entwicklung schwerfällig. Zudem klingen die Risiken nicht ab: Bei den Kriegen in Nahost und in der Ukraine zeichnet sich keine Entspannung ab. Hinzu kommt etwa der Handelsstreit zwischen der Europäischen Union und China und der ungewisse Ausgang der US-amerikanischen Präsidentschaftswahlen.
Vor allem die deutsche Industrie schwächelt aktuell: Die Industrieproduktion ist zuletzt wieder zurückgegangen und die Auftragseingänge kommen nicht in Schwung; der Auftragsbestand ist trotz stockender Produktion zuletzt gesunken. Der ifo-Geschäftsklimaindex ist im Juli deutlich zurückgegangen – dabei schauen die Unternehmen sowohl auf die aktuelle Lage als auch in die Zukunft skeptischer als noch im Juni. „Die Erholung der Industrie lässt weiterhin auf sich warten,“ sagt Laura Pagenhardt, DIW-Konjunkturexpertin. „Die Industrieunternehmen scheinen derzeit eher abzuwarten, bis sich die weltwirtschaftliche Lage stabilisiert und das Zinsniveau weiter sinkt.“
Bei den Dienstleistungen läuft es zwar weiterhin etwas besser, doch auch hier deutet sich eine leichte Eintrübung an. Das Konsumklima hat nach der konstanten Aufwärtsbewegung seit Anfang des Jahres im Juli einen leichten Dämpfer bekommen – daran konnte erwartungsgemäß auch die Fußball-EM nicht viel ändern. Auch das Geschäftsklima der Dienstleistungsunternehmen ist gesunken, was vor allem auf schwächere Aussichten zurückzuführen ist. Derweil bleibt die Lage auf dem Arbeitsmarkt noch recht günstig, auch wenn sich die schwache konjunkturelle Lage immer mehr bemerkbar macht. So gingen die ifo-Beschäftigungserwartungen im Juli zurück und auch das IAB-Arbeitsmarktbarometer verharrt auf niedrigem Niveau. „Die deutsche Wirtschaft hat große Mühe, wieder in Schwung zu kommen“, so Konjunkturexperte Guido Baldi. „Das Potenzialwachstum ist auch aufgrund ausgebliebener Investitionen zu niedrig. Hinzu kommen nun Faktoren wie die schwächelnde Weltwirtschaft, höhere Zinsen und die Nachwehen der Energiepreiskrise.“
Weitere Details unter: www.diw.de