- Der UniCredit Bank Austria Konjunkturindikator sank im Juli auf minus 2,7 Punkte
- Anhaltend schlechte Stimmung in der Industrie und am Bau übertrugen sich stärker auf die Dienstleistungssparten
- Politische und wirtschaftliche Unsicherheiten erhöhten den Pessimismus der Konsumenten
- Chancen auf spürbare Erholung noch vor Jahreswechsel gesunken: Nur noch Stagnation im Gesamtjahr 2024 erwartet
- Monetäre Lockerung, Beruhigung der Inflation und globale Erholung sollten 2025 für ein Wirtschaftswachstum von 1,5 Prozent sorgen können
- Verschlechterung am Arbeitsmarkt hält an: Arbeitslosenquote wird 2024 im Jahresdurchschnitt voraussichtlich 7,0 Prozent betragen. Weiterhin gute Aussichten auf leichte Entspannung 2025
- Schwache Konjunktur dämpft Inflation: Wir haben unsere Inflationsprognose für 2024 von 3,6 auf 3,3 Prozent gesenkt
Die Stimmung in der österreichischen Wirtschaft hat sich zu Beginn der zweiten Jahreshälfte eingetrübt. „Der UniCredit Bank Austria Konjunkturindikator sank im Juli auf minus 2,7 Punkte, die zweite Verschlechterung in Folge. Die zaghaften Signale einer Verbesserung der Konjunkturlage seit dem Jahresbeginn haben sich über den Sommer verflüchtigt. Die Aussicht auf eine baldige Erholung der heimischen Wirtschaft hat sich deutlich nach hinten verschoben“, meint UniCredit Bank Austria Chefökonom Stefan Bruckbauer und ergänzt: „Nach dem leichten Wachstum zu Jahresbeginn hat die österreichische Wirtschaft im Frühjahr nur noch stagniert. Der erneute Rückgang unseres Konjunkturindikators zu Beginn der zweiten Jahreshälfte lässt vorerst eine anhaltend zähe Entwicklung ohne klaren Aufwärtstrend erwarten. Wir haben unsere BIP-Prognose für 2024 daher leicht von 0,3 auf 0,0 Prozent gesenkt. Für die österreichische Wirtschaft ist heuer nur noch Stagnation in Sicht.“
Für 2025 erwarten die Ökonomen der UniCredit Bank Austria eine leichte Verbesserung der Konjunktur, gestützt auf eine Belebung der globalen Wirtschaft infolge der weltweit relativ synchronen Lockerung der Geldpolitik. Damit sollten sich die Rahmenbedingungen für Investitionen in Österreich verbessern. Auch die Stärkung der Kaufkraft der Konsumenten durch andauernde Reallohnzuwächse sollte sich 2025 über den Konsum positiv auf die heimische Wirtschaft auswirken. Ein Wirtschaftswachstum von rund 1,5 Prozent scheint damit im kommenden Jahr weiterhin in Reichweite.
Verunsicherung belastet den Dienstleistungssektor
„Die Annahme, dass die Belebung in vielen Servicebranchen, angetrieben durch den Rückgang der Inflation und die kräftigen Reallohnanstiege, die Konjunktur in der Industrie und am Bau positiv beeinflussen kann und damit eine spürbare Erholung der heimischen Wirtschaft auslösten wird, hat sich bisher nicht erfüllt. Im Gegenteil, die Schwäche im Produktionssektor hält weiter an und überträgt sich auch immer stärker auf unterschiedliche Dienstleistungsbereiche“, so Bruckbauer.
Die Verunsicherung durch geopolitische Krisen, die hohen Kostenanstiege und auch die Verschlechterung der Lage am Arbeitsmarkt trübten im Juli die Stimmung der heimischen Konsumenten. Die Geschäftseinschätzungen im Dienstleistungssektor gingen aufgrund der wieder zunehmenden Konsumzurückhaltung auf den niedrigsten Wert seit Jahresbeginn zurück, und das schlug sich auch deutlich in realen Umsatzrückgängen im Handel nieder. Die Nachfrageerwartungen waren zu Beginn der zweiten Jahreshälfte in den einzelnen Branchen sehr uneinheitlich. Insbesondere im Bereich der sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen belastete die Schwäche am Bau und in der Industrie. Doch auch in der Beherbergung begann die Stimmung zu leiden, in erster Linie aufgrund des hohen Preisniveaus verglichen mit anderen Destinationen in Europa und in Übersee.
Trotz einer Eintrübung des Exportumfelds hat sich die Stimmung in der österreichischen Industrie und auch am Bau im Juli geringfügig verbessert. Allerdings lag die Stimmung weiterhin deutlich im pessimistischen Bereich, was für ein Anhalten der Rezession in diesen Bereichen der heimischen Wirtschaft spricht.
„Während sich die Stimmung in der Industrie und am Bau leicht entspannt hat, verschlechterten sich im Juli die Aussichten im Dienstleistungssektor, zumal das Verbrauchervertrauen wieder abnahm. Die Stimmung lag in allen Sektoren der heimischen Wirtschaft zu Beginn der zweiten Jahreshälfte 2024 im pessimistischen Bereich, zum Teil erheblich unter dem langjährigen Durchschnitt. Zudem war in allen Wirtschaftssektoren in Österreich die Stimmung schlechter als im Euroraum insgesamt, besonders deutlich war der Abstand in der Industrie“, meint UniCredit Bank Austria Ökonom Walter Pudschedl.
Arbeitslosenquote im Juli bereits bei über 7 Prozent
Angesichts der Schwäche der Konjunktur hat sich die Lage am Arbeitsmarkt seit Jahresbeginn laufend verschlechtert. Zu Beginn der zweiten Jahreshälfte stieg die saisonbereinigte Arbeitslosenquote auf 7,1 Prozent und erreichte damit den höchsten Wert seit September 2021. Einen vergleichsweise hohen Anteil am Anstieg der Arbeitslosenquote hatten vor allem die Industrie und die Bauwirtschaft. In beiden Bereichen nahm die Beschäftigung im bisherigen Jahresverlauf 2024 gegenüber dem Vorjahr ab, in der Bauwirtschaft sogar um rund 3 Prozent.
Ausschließlich im Dienstleistungssektor stieg die Beschäftigung, das reichte für die Gesamtwirtschaft noch für ein leichtes Plus von 0,2 Prozent zum Vorjahr. Aufgrund der deutlichen Verlangsamung des Beschäftigungsanstiegs erhöhte sich die Anzahl der Arbeitssuchenden in Österreich bis Juli um mehr als 10 Prozent. In der Bauwirtschafts betrug der Anstieg überdurchschnittlich hohe 12 Prozent und in der Industrie sogar 18 Prozent. Daher war auch der Anstieg der Arbeitslosenquote um 18 Prozent in der Industrie der höchste aller Wirtschaftssektoren. Mit durchschnittlich 3,6 Prozent ist die Arbeitslosenquote in der Industrie jedoch weiterhin die niedrigste, während die höchste Arbeitslosenquote mit über 10 Prozent im Baubereich zu finden ist.
„In der zweiten Jahreshälfte dürfte sich der Aufwärtstrend der Arbeitslosenquote fortsetzen, angetrieben von den anhaltenden Problemen am Bau und in der Industrie. Allerdings dürften sich auch die Bedingungen im Dienstleistungssektor weiter verschlechtern. Wir haben daher unsere Prognose für die Arbeitslosenquote 2024 auf durchschnittlich 7,0 Prozent angehoben. Das relativ langsam steigende Arbeitskräfteangebot wird eine deutliche Verschlechterung in den kommenden Monaten verhindern und zusammen mit der etwas besseren Konjunkturentwicklung 2025 für eine leichte Entspannung sorgen. Wir gehen von einem Rückgang der Arbeitslosenquote auf 6,9 Prozent aus“, so Pudschedl.
Konjunkturflaute begünstigt stärkeren Inflationsrückgang
Die Teuerung sank zu Beginn der zweiten Jahreshälfte nach vorläufigen Werten erstmals seit genau drei Jahren auf unter 3 Prozent. Damit betrug die Inflation in den ersten sieben Monaten 2024 durchschnittlich 3,6 Prozent. Neben dem Rückgang der Energiepreise trug in den vergangenen Monaten auch die schwache Konjunktur, welche die Zweitrundeneffekte im Dienstleistungssektor dämpfte, zur Verringerung der allgemeinen Inflation bei. Auch in den kommenden Monaten dürften die Zweitrundeneffekte nachfragebedingt relativ begrenzt bleiben.
„Trotz eines Aufwärtstrends der Energiepreise, die gegen Jahresende die Inflation wieder in Richtung drei Prozent erhöhen werden, bleibt die durchschnittliche Inflation 2024 unter unseren bisherigen Erwartungen. Wir haben unsere Inflationsprognose für 2024 von 3,6 Prozent auf 3,3 Prozent gesenkt. Für 2025 erwarten wir weiterhin einen Rückgang der Teuerung auf durchschnittlich 2,3 Prozent“, so Pudschedl.